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Daniel Yakubovich
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Daniel Yakubovich Daniel Yakubovich

Treppenhaus

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Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Wege

Psalm 119:105

Sende Dein Licht und Deine Wahrheit, dass sie mich leiten zu Deinem heiligen Hügel und Deiner Wohnung

Psalm 43:3

Haupttreppenhaus (Himmelsleiter). © Daniel Yakubovich.

In einem vielseitigen Raumprogramm muss die Synagoge aus Sicherheitsgründen am weitesten entfernt von allen öffentlich frequentierten Ebenen und daher weit oben angelegt werden. Zugleich rückt der Gebetsraum dadurch näher zu Gott. Im Ergebnis wird die Synagoge direkt über eine monumentale Treppe erschlossen, die – einer Himmelsleiter gleich – hinauf zum Licht führt und ein altes biblisches Motiv referenziert:

Auf seiner Flucht vor Esau legte sich Jakob, der Sohn Isaaks und Enkel Abrahams, nieder und sah „einen Traum: Siehe, eine Treppe stand auf der Erde, ihre Spitze reichte bis zum Himmel. Und siehe: Auf ihr stiegen Engel Gottes auf und nieder. Und siehe: Der HERR stand über ihr und sprach: Ich bin der HERR, der Gott deines Vaters Abraham und der Gott Isaaks. Das Land, auf dem du liegst, will ich dir und deinen Nachkommen geben. Deine Nachkommen werden zahlreich sein wie der Staub auf der Erde. Du wirst dich nach Westen und Osten, nach Norden und Süden ausbreiten, und durch dich und deine Nachkommen werden alle Sippen der Erde Segen erlangen. Siehe, ich bin mit dir, ich behüte dich, wohin du auch gehst, und bringe dich zurück in dieses Land. Denn ich verlasse dich nicht, bis ich vollbringe, was ich dir verheißen habe. Jakob erwachte aus seinem Schlaf und sprach: Wahrhaftig, der HERR ist an diesem Ort, und ich wusste es nicht! Er fürchtete sich und sagte: Wie ehrfurchtgebietend ist doch dieser Ort! Er ist nichts anderes als das Haus Gottes und das Tor des Himmels. Und Jakob stand früh am Morgen auf, nahm den Stein, den er unter seinen Kopf gelegt hatte, stellte ihn als Steinmal auf und goss Öl darüber. Dann gab er dem Ort den Namen Bet-El – Haus Gottes. […] Und Jakob machte das Gelübde: Wenn Gott mit mir ist und mich auf diesem Weg, den ich gehe, behütet, […] dann soll der HERR mein Gott sein. Und dieser Stein, den ich als Steinmal aufgerichtet habe, soll ein Gotteshaus werden.“

Nach dem Erwachen nennt Jakob den Ort Beth-El – Haus Gottes – und die Schwelle, das Tor des Himmels, das zu diesem Haus führt.

Städtebauliches Konzept und Raumprogrammatik

Die Treppe ist auch ein weithin sichtbares Element, das dem Baukörper einen dynamischen Ausdruck verleiht. Sie wird wie ein Keil zwischen die Bestandssynagoge und den neu errichteten Teil hineingetrieben und unterstreicht so eine Zäsur, einen Bruch in der Geschichte. Wie ein Einschnitt in die Erdkruste, der die Schichten der Zeit offenlegt – und einen Fluchtpunkt zum Licht markiert. Zugleich ist sie die Haupterschließung. Daneben existiert auch ein funktionaler Kern mit mehreren Aufzügen, Fluchttreppen und Sanitäranlagen. Wie in Yad Vashem verfügt auch dieser Komplex über ein axiales Zentralelement und beschreibt eine lineare Verbindung auf einem ungeraden Pfad: Der Besucher kann die Raumangebote entlang der Treppe individuell nutzen und nach der Ausstellung im Erdgeschoss ein Konzert oder eine Vorlesung besuchen, in der Bibliothek stöbern, sich für einen Hebräischkurs anmelden oder – sofern nicht Schabbat ist – im museumseigenen Shop ein koscheres Käffchen trinken und auf seinem Weg verschiedene Menschen treffen. Doch so unterschiedlich jeder Weg auch verläuft – jeder hat ein Ende, und dieses Ende ist: Gott. Ein architektonisches Amen.

Traufhöhe

Das Treppenhaus greift die historische Traufhöhe der zerstörten Synagoge von etwa 27,50 Metern auf und fällt im weiteren Verlauf zur Hoffassade hin ab – dorthin, wo die neue Synagoge gleichsam über den Ruinen des einstigen Allerheiligsten zu levitieren scheint. Dort wird eine Flachdecke ausgebildet, als Zeichen eines Kräfteausgleichs zwischen Alt und Neu. Das Neue schwebt – nicht als Verdrängung, sondern als Durchlässigkeit für das Alte – über den Resten des Heiligsten, das einst an genau diesem Ort stand.

Historische Schnitte, gemeinfrei.

Längsschnitt Haupttreppenhaus und Grundriss Kellerebene. © Daniel Yakubovich.

Historische Schnitte, gemeinfrei.

Belichtungskonzept

Die Lichtführung folgt weniger einer bloß funktionalen Erhellung als vielmehr einer Choreographie im Sinne einer „transzendentalen Durchlichtung“: Das Licht fällt nicht einfach, es offenbart – gleich einem stillen Fingerzeig der Schechina, der göttlichen Gegenwart – den Weg des Aufstiegs. Ein architektonisches Epiphanie-Motiv, das zur Sammlung ruft und die Bewegung in eine geistige Wandlung überführt.

Wie in allen sakralen Nutzungseinheiten, die im weiteren Verlauf dargestellt werden, wird auch der Treppenraum durch Oberlichter erhellt – ein architektonisches Motiv, das den Blick beim Emporsteigen himmelwärts lenkt und so die religiöse Funktion der Anlage unterstreicht. Damit das Treppenhaus auch in den Abendstunden elektrisch illuminiert werden kann, sind in den Negativräumen zwischen den Oberlichtern flache, rechteckige Deckenleuchten eingelassen, die das Licht wie Projektoren senkrecht nach unten strahlen lassen. Ein Wechselspiel aus Licht und Schatten, das den Weg in Etappen staffelt, gleich einem gestuften Psalmenvers.

Die Handläufe, als leuchtende Einschnitte in die Wandfläche geprägt, unterstreichen die Bewegung des Körpers skulptural und schreiben sich zugleich als Lichtlinien in die Materialität des Raumes ein.

Materialität

Die durchbrochene Decke des Treppenraumes dient nicht allein dem natürlichen Lichteinfall. Sie ist ein stilles Zeichen der Unvollendetheit, die allen Heiligtümern vor der Ankunft des Messias innewohnt – ein architektonisches Innehalten im Moment möglicher Vollendung. Auch der Sichtbeton unterstreicht dieses Zögern: Er verleiht dem Raum einen objekthaften, beinahe rohen Charakter – ein Raum im Werden, nicht im Triumph. Seine tektonische Präsenz steht nicht für Glätte, sondern für Haltung; nicht für Vollendung, sondern für Erwartung.

Nach jüdischer Überlieferung ist jedem Haus, mag es auch noch so kunstvoll errichtet sein, ein Moment der Vorläufigkeit eingeschrieben – solange der Messias nicht erschienen und der Dritte Tempel nicht errichtet ist. Auch hier also: ein Echo religiöser Hoffnung, eingefasst in architektonische Zurückhaltung.

Ausstellungsebene. © Daniel Yakubovich.

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Bibliothek. © 2022 Daniel Yakubovich

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Siehe auch:

Im Moment der Sprengung. …die Behörden nennen es Beräumung, die Photographie zeigt eine negative Liturgie: ein kurzer Rauchaufstieg als endgültiges „Amen“ aus Stein; der Körper verschwindet, die Verpflichtung des Ortes bleibt.

Teil I.

Geschichte und Gegenwart

Teil III.

Resonanz und Rezeption

Danksagung

urbi et orbi

© 2025 Daniel Yakubovich

Zur zweiten Auflage

ein einleitender Kommentar

© 2025 Daniel Yakubovich

Kay Zareh

eine Biographie

© 2023 Daniel Yakubovich

Glossar

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